Erfolg mit Haltung: Samuel Möhler über Sport, Struktur und Vereinsleben
Samuel, Glückwunsch zu einer außergewöhnlichen Saison! Wenn du 2025 in einem Bild festhalten müsstest – welches wäre das?
In einem Wort: Konstanz. Nach einer gesundheitlich hier und da etwas holprigen – aber ingesamt auch erfolgreichen – Saison 2024 konnte ich dieses Jahr fast ohne Einschränkungen durchtrainieren und alle Wettkämpfe wie geplant absolvieren.
Bevor wir ins Detail gehen, benennen wir mal die Spitzenresultate. Was bedeuten dir der Deutsche Vizemeistertitel auf der Mitteldistanz und der BaWü-Meistertitel auf der Olympischen Distanz – sportlich und persönlich?
Die Titel klingen natürlich gut, und da bin ich auch stolz darauf. Viel bedeutsamer ist für mich aber die sportliche Leistung, die dahintersteht – und insbesondere der Weg dahin. Das Niveau, auf dem ich mich aktuell bewege, ist das Ergebnis eines jahrelangen (und hoffentlich noch weiter andauernden) Prozesses, bei dem ich einfach immer versuche, mich weiterzuentwickeln und besser zu werden in dem Sport, der mir so viel Spaß macht.
Solche Tage fallen ja selten vom Himmel. Welche Trainings- oder Alltagsumstellung hat am meisten bewirkt, dass aus guten Tagen Titel-Tage wurden?
Ich versuche, die Abläufe vor einem wichtigen Wettkampf so gut es geht immer ähnlich zu gestalten. Das betrifft insbesondere das Training in der Rennwoche und die Ernährung an den Tagen vor dem Wettkampf und am Wettkampftag selbst. Außerdem beschäftige ich mich vorab detailliert mit der ganzen Logistik rund um den Wettkampf, schaue mir die Lage- und Zeitpläne an und überlege mir ganz genau, wie ich meine eigenen Abläufe in den vorgegebenen Rahmen integrieren kann. Das hilft mir, Stress bestmöglich zu vermeiden und mich auch mental optimal auf den Wettkampf einzustellen.
Schauen wir zuerst auf den ersten Peak. Heilbronn, Mitteldistanz – welche Entscheidungen haben den Vizetitel möglich gemacht?
Heilbronn war gewissermaßen ein Zwischen-Peak auf dem Weg zum ersten richtig großen Peak der Saison, der Langdistanz in Roth. Nichtsdestotrotz hatte ich mir auch für die Mitteldistanz einiges vorgenommen und war gut vorbereitet. Nach einem soliden Schwimmen und sehr gutem Radfahren hatte ich beim Laufen dann aber ziemlich zu kämpfen und konnte nicht die Leistung abrufen, die ich gerne wollte. Entscheidend waren an dem Tag neben der sportlichen Leistung insbesondere die taktischen Entscheidungen im Rennen und die mentale Stärke beim Laufen, mit der ich mir dennoch den zweiten Platz sichern konnte.
Der zweite Peak kam im Spätsommer. Ettlingen, OD-Landesmeisterschaft – was hat an diesem Tag konkret den Ausschlag gegeben?
Nach der Langdistanz in Roth, bei der ich mit einer ziemlichen Punktlandung mein Ziel von unter 9 Stunden erreichen konnte, wollte ich in der zweiten Saisonhälfte den Fokus wieder mehr auf die kürzeren Distanzen legen. Nach der Sprintdistanz in Rheinstetten, zwei Liga-Wettkämpfen, einer neuen 5-km-Bestzeit und einigen sehr guten Trainingswochen wusste ich, dass die Form gut ist. Da ich in Ettlingen bereits zweimal am Start war, kannte ich die Strecken und wusste sehr genau, was mich erwartet. Dementsprechend konnte ich mich auch mental optimal auf den Wettkampf einstellen und wollte beim letzten Triathlon der Saison einfach nochmal richtig einen raushauen. So kam an dem Tag wirklich alles zusammen, und ich konnte von vorne bis hinten meine bisher beste Leistung auf der Olympischen Distanz abrufen.


Neben deinen Einzelwettkämpfen startest du auch im 2. Bundesligateam für die Lemminge. Wie lief eure Saison, und wie bringst du diese Wettkämpfe mit deinen individuellen Zielen in Einklang?
Ich konnte dieses Jahr bei vier von fünf Ligarennen starten und bin sowohl persönlich als auch für unser Team extrem zufrieden mit der Saison. Nach viel Pech in der Saison 2024, in der wir gerade so nicht abgestiegen sind, wollten wir dieses Jahr zeigen, dass wir zu Recht in der Liga geblieben sind. Das ist uns mit dem 8. Platz von 16 Teams wirklich gut gelungen, worauf wir sehr stolz sein können. Die Ligawettkämpfe bieten eine tolle Abwechslung zu den klassischen Volkstriathlons oder auch Mittel- und Langdistanzen. Da geht es nicht darum, seine Wattwerte auf dem Rad möglichst gleichmäßig zu fahren und beim Laufen bloß nicht zu schnell loszulaufen. Vom Durchsetzen beim Massenstart im Schwimmen, über das Radfahren mit Windschattenfreigabe bis hin zum Laufen, wo häufig Sekunden über mehrere Platzierungen entscheiden, ist im Wesentlichen Vollgas angesagt. Für eine absolute Peak-Performance wäre sicherlich ein etwas anderes Training als für eine Langdistanz erforderlich. In der Regel gelingt es aber gut, die Ligarennen in die Vorbereitung zu integrieren.

Viele fragen sich: Wie trainiert ein DM-Vize bzw. BaWü-Meister eigentlich? Wie sieht also deine „Woche in gut“ aus – grob strukturiert, ohne Watt-Details?
Unter der Woche ergibt sich die Struktur im Wesentlichen aus den Terminen des Vereinstrainings: dienstags und donnerstags früh morgens Schwimmen, abends Laufen. Mittwochs Radfahren, oft mit intensiven Intervallen, häufig auch auf der Rolle. Montag und Freitag sind tendenziell Entlastungstage mit Athletiktraining oder lockerem Schwimmen oder Radfahren. Am Wochenende wird dann vor allem lang, je nach Saisonphase auch intensiv trainiert. Samstag meistens ein langer Lauf und Radfahren, sonntags ggf. noch ein kurzer Lauf, wieder Radfahren und ein langes Schwimmtraining zum Wochenabschluss. Im Schnitt komme ich so seit Jahresbeginn auf etwa 16 Stunden Trainingszeit pro Woche.
Parallel zur sportlichen Entwicklung willst du dich noch stärker im Verein einbringen. Du kandidierst für den Vorstand – was reizt dich daran, und was nimmst du aus dem Leistungssport in die Vereinsarbeit mit?
Die Lemminge sind ein zu 100 % ehrenamtlich geführter Verein, der ein außergewöhnlich großes Angebot bietet. Das funktioniert, weil sich so ziemlich jedes Vereinsmitglied in irgendeiner Weise in die Vereinsarbeit einbringt. Das hat mich von Anfang an beeindruckt, und es macht großen Spaß, mit so vielen engagierten Menschen das Vereinsleben zu gestalten. Dass ich jetzt nach nur zwei Jahren bei den Lemmingen für den Vorstand kandidiere, hätte ich nicht unbedingt erwartet, aber ich freue mich sehr auf die neue Herausforderung. Aus dem Leistungssport bringe ich mit, dass ich Ziele sehr strukturiert verfolge und mich auch von Rückschlägen auf dem Weg dorthin nicht aus der Ruhe bringen lasse.
Verantwortung heißt bei uns auch: Trainings mitgestalten. Wie bringst du dich an dieser Stelle ein – und wie profitieren Mitglieder davon?
Ich beteilige mich u. a. an unserer monatlichen Trainingsplanung. Daraus resultiert ein Trainingsplan, der die Struktur des Vereinstrainings vorgibt. Das hilft auf der einen Seite den Übungsleitern, die einzelnen Sessions zu planen. Auf der anderen Seite hat damit jeder auch die Möglichkeit, das Training individuell zu absolvieren und bekommt dennoch eine gewisse Struktur vorgegeben. Das ist insbesondere für nicht so erfahrene Athleten wertvoll, da diese sonst häufig eher zu viel und zu intensiv trainieren, was früher oder später zu Überlastungen und Verletzungen führen kann.
Erfolge wachsen selten im luftleeren Raum. Wer oder was aus dem Vereinsumfeld hat dich 2025 am meisten getragen?
Allgemein gesprochen auf jeden Fall das gemeinsame Training in großartigen Trainingsgruppen. Da könnte ich jetzt sehr viele Personen aufzählen, aber aus sportlicher Sicht zu nennen sind insbesondere alle Läufer aus der „5:00er-Crew“ und die Schwimmer von Bahn 1. Und ganz konkret möchte ich an der Stelle Chris nennen, u. a. Teamchef unseres 2. Bundesligateams und 2. Vorstand der Lemminge. Das gemeinsame Training in den letzten beiden Jahren hat mich enorm vorangebracht. Dieses Jahr bewegen wir uns in allen drei Disziplinen auf einem ähnlichen Niveau und pushen uns gegenseitig – sowohl im Training als auch im Wettkampf.
Zum Schluss der Blick nach vorn – und über den Tellerrand. Was spricht generell für eine Triathlon-Vereinsmitgliedschaft – und woran erkennt man einen guten Verein?
Auf dem Papier ist Triathlon eine Individualsportart, für die es zur Ausübung erstmal keine Vereinsmitgliedschaft braucht. Zweifellos profitiert aber jeder – vom Anfänger bis zum ambitionierten Leistungssportler – von einer guten Vereinsstruktur. Anfänger bekommen bei uns einen Rahmen für ihr Training vorgegeben und profitieren vom Austausch mit erfahreneren Athleten. Ambitionierte Athleten profitieren vom gemeinsamen strukturierten Training mit Gleichgesinnten und können sich gegenseitig antreiben. Und vom sportlichen mal abgesehen erkennt man den guten Verein auch daran, dass man nicht nur gemeinsam trainiert (was ja oft schon eine beachtliche Zeit einnimmt), sondern sich auch gerne mal abends auf ein (alkoholfreies) Bier trifft und einfach eine gute Zeit mit tollen Leuten hat!
Fotos: © Samuel Möhler


